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Energiedienstleistungen als Contracting

 

Energieversorgungskonzepte und Contracting

 

Unter dem Gesichtspunkt der Ressourcenschonung und der energie- und betriebswirtschaftlichen Optimierung werden schon seit Jahrzehnten eine Fülle von Konzepten zum Einsatz gebracht, die sowohl in der Contracting-Branche als auch in der Energiewirtschaft und hier besonders im Stadtwerkebereich eingesetzt werden. In den nachfolgenden Beispielen werden Projekte dargestellt, die alle im operativen Bereich der Stadtwerke Schwäbisch Hall realisiert wurden. Sehr oft war fehlendes Kapital und fehlendes Know-how von potentiellen Investoren in Gewerbe oder Industrie oder auch von Kommunen, die Stadtwerke gründen wollten, der Grund, um über vertragliche Regelungen die gewünschten Entwicklungen herbeizuführen.

Vertragsformen im Contracting

Abgeleitet von Contract=Vertrag ist Contracting eine Kooperationsform mit dem Abschluss von Verträgen zwischen einem Auftraggeber (Contractingnehmer) und einem Dienstleistungsunternehmen (Contractinggeber) über, wie in diesen Fällen, der Erbringung von Energie-Dienstleistungen. Folgende Dienstleistungen im Bereich Energie werden oft abgeschlossen:

 

  • Einspar-Contracting.
    Bei dieser Vertragsform wird in eine Einspartechnologie wie z.B. Heizkessel, Blockheizkraftwerk, Beleuchtung etc. vom Contractingnehmer investiert und über die Einsparungen wird das Investment refinanziert. Oft wird nach der Refinanzierung einschließlich Dienstleistungsentgelte das Investment auf den Contractinggeber zu einem symbolischen Preis übertragen
  • Anlagen- und Betriebsführungs-Contracting
    Oft werden ganze Energiezentralen von Gewerbe- und Industriebetrieben, meist sanierungsbedürftig und abgeschrieben, an einen Contractor übergeben, der in eine neue Anlagentechnik investiert und die Anlagen dann über z.B. 10 bis 20 Jahre betreibt. Für den Contractinggeber wird vertraglich sichergestellt, dass die zugesagten Vorteile, z. B. die Reduzierung der Energiekosten, über den Vertragszeitraum eingehalten werden.

Nachfolgend sind einige Vertragskonstruktionen im Grundsatz dargestellt:

 

In der nächsten Grafik ist ein Beispiel für die Vertragsstruktur eines großen Contracting-Projektes dargestellt.

Industrielle Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)

 

Wenn in Gewerbe und Industrie hohen Prozesstemperaturen gefordert sind, kommen industrielle KWK-Anlagen zum Einsatz, die Prozessdampf benötigen.

Dabei können Motorkraftwerke wegen ihrer begrenzten Abgastemperatur nur Heißwasser oder Sattdampf bis etwa 200 Grad C zur Verfügung stellen.

Sind erhöhte Prozesstemperaturen z.B. zwischen 300 und 500 Grad C erforderlich, werden Dampfturbinen oder auch Gasturbinen eingesetzt. Soweit die Abgase einer Gasturbine in einen Hochdruck-Dampfkessel geleitet werden und dessen Dampf dann über eine Dampfturbine entspannt wird, handelt es sich um eine sogenannte GuD-Anlage (Gas- und Dampfturbinen-Anlage). Hier können dann z.B. zu Lasten der Wärmeauskopplung höhere Stromleistungen produziert werden.

In der weiteren Vorstellung von Contracting-Projekten werden immer wieder derartige KWK-Anlagen vorgestellt.

In einem Strommarkt mit hoher Durchdringung Erneuerbarer Erzeugung können diese Anlagen, optional noch erweitert mit Speichern, effektive Flexibilitätsoptionen darstellen.

Vertrags- und Versicherungsmanagement bei komplexen Contractingverträgen

 

Nachdem Contracting bereits erläutert wurde, sollen jetzt Strukturen dargestellt werden, wie konkret die Risiken begrenzt und wirtschaftliche Vorteile sichergestellt werden können.

Zunächst ist eine klare Vertragsstruktur notwendig und die Klärung der Verantwortlichkeiten, der Risikostrukturen und den Endschaftsbedingungen.

Die Berechtigung für derart weitgehende Eingriffe in die betriebliche Praxis eines Unternehmens ist nur gerechtfertigt, wenn der Contractingnehmer entsprechendes Know-how mitbringt und die Gewähr dafür bietet, dass beide Vertragsparteien einen organisatorischen und wirtschaftlichen Nutzen aus dem Projekt ziehen.

Bei der Gestaltung der Verträge und der Versicherungen sind qualifizierte Berater hinzuzuziehen und mögliche Steuerfragen zu klären.

Contractingprojekt zwischen Industriebetrieben und Stadtwerken

 

Nachfolgend wird ein realisiertes Projekt dargestellt, wie durch die Initiative eines Stadtwerke-Unternehmens ein beispielhaftes Projekt zur Energieeinsprung und großem Kostenvorteil für alle Beteiligten zustande kam.

Ausschlaggebend war der geplante Ausbau einer Fernwärmeversorgung und die Frage, wie in dieser Region Energieversorger und Industriebetriebe effektiv zusammenarbeiten können. Die Gesamtlösung war die Kooperation von 2 Industriebetrieben, die Bereitschaft eines etwa 5 km entfernt liegendem Restmüllheizkraftwerkes (RMHKW) zur Dampf- und Fernwärmelieferung, sowie die Integration von zwei Stadtwerken das nachfolgende Modell (Grafik), zu realisieren.

Wie aus der Grafik erkennbar wird, steht die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Mittelpunkt der technischen Konzeption. Bei der durchgeführten Einsatzoptimierung wurden die übergreifenden Vorteile des Gesamtkonzeptes gegenüber der Einzelbetrachtung der beteiligten Unternehmen deutlich. Langlaufende Verträge über Zeiträume bis zu 20 Jahren waren die Grundlage für Investitionen von über 25 Mio. Euro.

Die Vertragsstruktur nur für den Industriebetrieb 2 stellt sich wie folgt dar:

Das Gesamtprojekt hat sich erst sukzessive entwickelt. Nachdem die Verträge mit dem Industriebetrieb 2 abgeschlossen waren, wurde entschieden, die Wärme aus der naheliegenden Restmüllverbrennungsanlage auszukoppln und ca. 25 Mio. Euro in die Erschließung der Fernwärme zu investieren. Erst dann wurde mit dem Industriebetrieb 1 eine Wärmeauskopplung vereinbart und ein weiteres Stadtwerk in die Gesamtstruktur integriert.

Contractingprojekt Asklepiosklinik

 

Die Stadt Sankt Augustin bei Bonn hatte im Jahr 2006 die neuen Baugebiete 113 und 114 ausgewiesen und in einem öffentlichen Wettbewerb sollte die beste ökologische Konzeption den Zuschlag bekommen.

Ein Contractor, der später nach Fertigstellung die Gesamtanlage an die Stadtwerke Schwäbisch Hall veräußerte hatte im Verfahren folgendes angeboten.

 

  • Die beiden Baugebiete werden mit Fernwärme und Strom erschlossen und es wird eine Kooperation mit der in der Nähe liegenden Asklepiosklinik vereinbart.
  • Im Rahmen eines 20-jährigen Contractingvertrages wurde mit der Klinik vereinbart, dass die Heiz- und Kältezentrale der Klinik auf den Contractingnehmer übergeht und um ein Blockheizkraftwerk (BHKW) erweitert wird. Betriebsführung und Instandhaltung wird vom Contractinnehmer übernommen.
  • Mit der Stadt wurde ein 20-jähriger Konzessionsvertrag über die Strom- und Fernwärmeversorgung in dem öffentlichen Baugebiet vereinbart.

Contractingprojekt Abwärmenutzung einer Druckerei

 

Rotations-Druckmaschinen, ob mit oder ohne lösemittelhaltige Abluft haben in der Regel eine Nachverbrennung, um die Farbabfälle geruchsneutral zu entsorgen. Hinter dieser Nachverbrennung entstehen prozessbedingt hohe Abgastemperaturen mit hohen thermischen Leistungen, die mangels Abnehmer sehr oft nicht einer sinnvollen thermischen Nutzung zugeführt werden.

Ein Stadtwerkeunternehmen als Versorgungsunternehmen mit einem Druckereikunden hat Verhandlungen mit der Druckerei über ein Contracting-Projekt geführt und dabei über einen Zeitraum von 20 Jahren folgendes vereinbart:

 

    • Die Stadtwerke kaufen quasi heiße Abluft von der Druckerei, um diese thermische Energie nutzbar zu machen.
    • Auf dem Flachdach der Druckerei werden vier Abgas-Wärmetauscher installiert, um die Fernwärme in ein naheliegendes Baugebiet absetzen zu können.
    • Über dieses Baugebiet hinaus kann diese Druckerei-Abwärme insbesondere auch im Sommer in das übergeordnete Fernwärmenetz abgesetzt werden.
    • Die Druckerei erhält über einen langen Zeitraum jährlich Zahlungen für die Druckerei-Abwärme, die sonst nutzlos an die Umgebung abgegeben worden wäre.

Kooperation mit der Landwirtschaft im Bereich erneuerbare Energien.

 

In Süddeutschland haben die Stadtwerke Schwäbisch Hall ein sehr interessantes Projekt mit einer Kooperation von Landwirten im Rahmen eines 20-jährigen Vertrages abgeschlossen. Hintergrund waren die Vorstellungen der Stadtwerke, erneuerbares Methan bzw. erneuerbares Erdgas zu produzieren bzw. produzieren zu lassen, um dieses Gas im Rahmen des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) bundesweit zu vermarkten.

Das Projekt kann wie folgt zusammengefasst werden, bzw. folgende Aufgaben wurden im Vertrag zwischen Landwirtschaft und Stadtwerke vereinbart:

  • Die Stadtwerke bauen auf den definierten Feldern während der Vertragszeit Biomasse an und vergären diese Biomasse in einem Fermenter.
  • Das Biogas mit einem Methangehalt von 56% und 60% wird von den Stadtwerken zu einem definierten Preis aufgekauft. Der Vertrag ist mit Preisgleitklauseln ausgestattet, so dass entsprechende Kostenänderungen auch in den Preis einfließen können.

In der nachfolgenden Grafik werden die grundsätzlichen Zusammenhänge deutlich. Gemäß EEG braucht der bundesweite Absatz des Bio-Methan nicht stündlich bilanziert werden, sondern gemäß Gesetz reicht eine Jahresbilanzierung, damit solche Projekte auch pragmatisch umgesetzt werden können.

Die Aufbereitung vom landwirtschaftlichen Biogas zu Bio-Methan ist nicht nur ein aufwändiger Prozess, sondern hat in diesem Fall auch Investitionskosten von ca. 4 Mio. Euro verursacht.

Von den verfügbaren Verfahren, die es gibt, hat man sich in diesem Fall für das Druckwasserwäsche-Verfahren entschieden.

In einem zweistufigen Verfahren wird über eine Absorptions-Kolonne und über eine Desabsorptions-Kolonne der Stickstoff abgetrennt und letztendlich Abgas in Form von CO2 freigestellt.

Die Druckaufbereitung und die Einspeisung in ein Erdgas-Hochdrucknetz wurde in der Grafik nicht dargestellt. In diesem Fall musste das Bio-Erdgas auf 70 bar verdichtet werden, damit es in das Hochdrucknetz eingespeist werden konnte. Mit entsprechender Messtechnik ausgestattet konnte dann das Bio-Erdgas, unter Berücksichtigung der Jahresbilanzierung bundesweit vermarktet werden.

Einsatzoptimierung und Querverbundoptimierung

 

Bereits heute aber insbesondere in der Zukunft, sind bei den vielen unterschiedlichen Stromerzeugungs-Technologien, den komplexen Anforderungen der Strom- und Gasmärkte und der Einbindung von Strom- und Wärmespeichern, Instrumente notwendig, die einen optimierten Einsatz möglich machen. Auch die unterschiedlichen Netze für Strom, Gas, Wärme und auch Wasser sowie deren Beiträge zur umweltfreundlichen Energieversorgung bedürfen der Einbindung in eine Querverbundoptimierung.

Einsatzoptimierung bedeutet, dass neben der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien die Kraftwerke und Energiespeicher eingesetzt werden, die zu einem Optimum der Kosten und zu einem Optimum bei der Minimierung der CO2-Emissionen führen.

Diese sogenannte ganzzahlige lineare Optimierung z.B. nach der Simplexmethode setzt die Einführung von Gleichungen und Ungleichungen des Modells voraus und die Lösung erfolgt durch mathematische Iterationen, die so lange verbessert werden, bis sich eine optimale Lösung ergibt. Das alles klingt mathematische kompliziert, jedoch gibt es auf dem Markt spezielle Anwenderprogramme, die grafisch und damit relativ einfach das zu optimierende Energiemodell abbilden und damit optimierungsfähig machen.

Wie die nachfolgende Grafik zeigt, sind insbesondere in einem Querverbundunternehmen mit vielen Anlagen zur dezentralen Strom- und Wärmeerzeugung, so wie es in vielen Stadtwerkeunternehmen und Industriebetrieben betrieben werden, notwendig, dies unter optimierten Bedingungen zu betreiben.

Folgende Vorteile ergeben sich dann:

 

  • Durch eine Tages-Einsatzoptimierung werden konkrete Fahrpläne für jeden Tag vorgeschlagen.
  • Bei Änderungen des Wetters oder neue Anforderungen der Kunden, oder Änderungen der Börsen für Strom und Gas werden die Fahrpläne sofort neu ausgegeben.
  • Bei einem Crash oder z.B. Ausfall eines Kraftwerkes werden sofort Alternativen vorgeschlagen und z.T. auch automatisch umgesetzt.
  • Das System ist auch in der Lage, eine Planungsfunktion zu übernehmen z.B. in der Form, das neue Anlagen (z.B. eine Biogasanlage mit bestimmten Kosten) simuliert werden und damit festgestellt werden kann, ob diese zusätzliche Anlage ein Vorteil für das Gesamtsystem sein könnte.