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Power-to-X-Systeme und synthetische Kraftstoffe

 

  Sektorenkoppelung: Strom – Wasserstoff – erneuerbare Kraftstoffe

 

Es gibt eine Fülle von Unterschiedlichen Bezeichnungen für strombasierte Kraftstoffe. Von Power-to-X-Technologien über PtL-Kraftstoffe bis zu Power-to-Liquid-Kraftstoffe gibt es in der Fachwelt noch weitere Bezeichnungen.

Letztendlich versteht man darunter gasförmige oder flüssige Kraftstoffe, die mit Erneuerbarem Strom hergestellt werden. Zur Herstellung von strombasierten Kraftstoffen wird zunächst über Elektrolyse Wasserstoff und Sauerstoff produziert, der dann genutzt werden kann oder über Speicherung und zusätzlichem Aufwand verdichtet oder verflüssigt werden muss.

Aus Wasserstoff können in einem weiteren Prozessschritt, der sogenannten Synthese, flüssige oder gasförmige Energieträger, wie Methan oder auch E-Fuels wie Diesel oder synthetisches Kerosin gewonnen werden. Auch eine Weiterverarbeitung des Wasserstoffs zu Kunststoffen und Chemikalien ist möglich.

In der nachfolgenden Grafik sind einige Verfahren dargestellt, wobei sich erst in der industriellen Produktion im Laufe der Zeit höhere Wirkungsgrade und niedrigere spezifische Investitionskosten ergeben werden. Zunächst werden aber die Grundlagen des  C-H-O-System der chemischen Energiespeicherung bzw. der Aufbau des fossilen Systems dargestellt, auf der Basis der Dissertation von Dr. Bodo Wolf und ergänzt durch praktische und aktuelle Darstellungen von Michael Sterner und Ingo Stadler in ihrem Buch Energiespeicher.

Sektorenkoppelung

 

Beim zunehmenden Einsatz erneuerbarer Energien bereitet die hohe Fluktuation insbesondere bei PV- und Windanlagen große Probleme, weil Dargebot und Nachfrage oft nicht in Übereinstimmung stehen. Deshalb gibt es eine Vielzahl von Technologien zur Umwandlung von Strom, z.B. in gasförmige und flüssige Brennstoffe und dem Einsatz von Speichern. Letztendlich müssen unterschiedliche Sektoren wie z.B. Verkehr, Industrie und Haushalte jederzeit sicher versorgt werden.

Die Fähigkeit des Gesamtsystems z.B. erneuerbaren Strom umzuwandeln und zu speichern, so dass er den einzelnen Sektoren bedarfsgerecht zugeführt werden kann, nennt man Sektorenkopplung

Die nachfolgende Grafik zeigt im Prinzip, wie die einzelnen Sektoren mit unterschiedlichen Energieträgern versorgt werden können.

Energiespeicher bei der Sektorenkopplung

 

In der Grafik über die Sektorenkopplung wurden schon die komplexen Zusammenhänge zwischen den fluktuierenden erneuerbaren Energien, den Umwandlungstechnologien und der Bedarfsdeckung der Sektoren dargestellt. Wenn die erneuerbare Stromerzeugung exponentiell ausgebaut wird, sind bereits jetzt Entscheidungen notwendig welche Speichertechnologien in welchen Größenordnungen, sukzessive bis zum Jahr 2050 notwendig sind. Allein die Planungs- und Genehmigungsphasen nehmen Zeiträume von mehr als 10 Jahre in Anspruch. Bei einem Projekt der EnBW-Transnet, in Kupferzell, Nähe Schwäbisch Hall, einen Batteriespeicher mit einer elektrischen Leistung von 180 MW und Investitionskosten von rd. 200 Mio. Euro zu errichten, kam es zu massiven Protesten, nicht nur von der Bevölkerung, sondern auch der zu beteiligenden Kommune.

Deshalb sind Speicherkapazitäten entlang der Zeitachse zum Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung auf allen Ebenen des Speicherbedarfs bereits jetzt in Angriff zu nehmen.

Da man beim sogenannten Kohlekompromiss versäumt hat, bereits dort den Bau der notwendigen Bach-up-Kraftwerke auf der Basis von Gas zu klären, sind auch hier bald Entscheidungen notwendig.

Erzeugung von grünem Erdgas durch katalytische Methanisierung im Sabatier-Prozess

 

Der französische Chemiker Paul Sabatier erhielt im Jahr 1912 den Nobelpreis für Chemie für seine Arbeiten der katalytischen Hydrierung. Beim Sabatier-Prozess, ein Methangewinnungsverfahren, reagiert Kohlendioxyd und Wasserstoff bei Temperaturen von 300 bis 700 Grad C mit Einsatz von z.B. Nickelkatalysatoren zu Methan und Wasser.

Das Einzusetztende Kohlendioxid sollte ausschließlich aus erneuerbaren Ressourcen stammen, z.B. aus Biogas- oder Biomasse-Anlagen.

Der Wirkungsgrad bei der Methanisierung liegt etwa bei 80 %. Ausgereifte Anlagenkonzepte können bei Speicherung von überschüssigem Strom eine bedeutende Rolle spielen. Die Wirkungsgradkette Elektrolyse – Methanisierung und Rückverstromung (im GuD-Kraftwerk) ergibt allerdings nur einen Gesamtwirkungsgrad von ca. 34%

Aufbereitung von Biogas zu Bio-Methan

 

Das nachfolgend dargestellte Verfahren der Druckwasserwäsche, um Biogas mit einem Methangehalt von etwa 50-60% in reines Methan bzw. Bio-Methan umzuwandeln wird bei etwa der Hälfte aller Verfahren in Europa eingesetzt.

Um die Komponenten Schwefelwasserstoff und Kohlendioxyd vom Biogas zu trennen wird es auf einen Druck von 6 bis 8 Bar verdichtet und am Boden der Absorptionskolonne eingespeist. Vom Kopf der Kolonne wird Wasser eingeführt so dass sich die basischen und sauren Bestandteile des Biogases im Wasser lösen. Die Waschflüssigkeit gelangt nach der Entspannung in die Desorptionskolonne und wird mit Luft durchströmt. Wegen des hohen Gehaltes an Schwefelwasserstoff wird das Abgas in einem Biofilter gereinigt.

Der Vorteil des Verfahrens liegt in der guten Steuerbarkeit über die Regelung von Druck und Temperatur, so dass die Investitionskosten und Betriebskosten gering sind.

Koppelung von Energienetzen am Beispiel Methan

 

An dem folgenden Beispiel wird gezeigt, wie das bestehende Erdgasnetz als zentrales Element für den Transport und die Speicherung konventioneller und erneuerbarer Energien verwendet wird.

Diese Struktur ermöglicht ein CO2-Recycling von Co2 über das Erdgasnetz einschl. Co2 Einlagerung nach der Anwendung in Kraftwerken. In Kombination mit Biomasse ergibt sich dadurch die Möglichkeit, negative Emissionen in Form einer Kohlenstoffsenke umzusetzen. Erneuerbare Energien wie z.B. aus Wind oder Solar können zu Erneuerbarem Methan weiterverarbeitet und in Gasspeichern zwischengelagert werden. Dies gespeicherte Methan kann dann allen Energiesektoren zugeführt werden. Dadurch wird es dann möglich, z.B. für die KWK oder für GuD-Kraftwerke grünes Erdgas zur Verfügung zu stellen.

Falls für den Verkehr erneuerbare, flüssige Kraftstoffe benötigt werden oder Rohstoffe für die Kunststoffindustrie, können diese über die Fischer-Tropsch-Synthese zur Verfügung gestellt werden.

Grünes Methanol

 

Bei der Methanolsynthese wird in einem ersten Schritt Methanol aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid erzeugt. Die Methanolherstellung ist ein großtechnisches Verfahren mit einem Wirkungsgrad von rd. 60%. Die spezifischen Investitionskosten liegen bei ca. 400 bis 600 Euro/KW.

Das Roh-Methanol kann direkt verwendet werden oder zu synthetischen Kraftstoffen, wie Benzin, Diesel oder Kerosin weiterverarbeitet werden.

Das Verfahren ist klimaneutral, wenn der Wasserstoff durch erneuerbaren Strom produziert wird. Zusätzliches Kohlenstoffdioxid fällt durch dieses Verfahren nicht an.

Grünes Benzin, Diesel, Kerosin etc. durch Dimethylether-Synthese (DME-Synthese).

 

Oben wurde bereits dargestellt wie grünes Methanol produziert wird.

Das Methanol kann direkt verwendet werden oder zu synthetischen Kraftstoffen, wie Benzin, Diesel oder Kerosin weiterverarbeitet werden.

Wie die nachfolgende Grafik zeigt, sind die Schritte von der DME-Synthese über die Benzin-Synthese bis zur aufwändigen Produktgewinnung und -veredelung sehr komplex, deshalb ist nur ein grundsätzliches Fließschema dargestellt.

Technologien für den Umwandlungsschritt von Synthesegas in DME werden von den Firmen: Haldor Topsoe A/S, Toyo engineering ltd., Air Liquide S.A. und JFE Holding Inc. bereits kommerziell angeboten.

Die Herstellung von Benzin aus Methanol wurde bereits in den 1980er Jahren im Zuge der Ölkrise erforscht und erste Anlagen wurden errichtet. Die Anlagen mit Kapazitäten von bis zu 10.000 Barrel pro Tag wurden allerdings wieder stillgelegt, nachdem niedrige Ölpreise die Prozesse zur Benzinherstellung aus Methanol unwirtschaftlich machten.

Solar-Reaktor und erneuerbare Kraftstoffe

 

Im Rahmen des EU-geförderten Forschungsprojektes Solar-Jet ist es gelungen, synthetisches, grünes Kerosin herzustellen.

Am Projekt beteiligte Partner sind:

  • Bauhaus Luftfahrt (Projektkoordinator)
  • Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
  • Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich
  • Shell Global Solutions International

Das Verfahren läuft in drei Schritten ab.

  1. Wissenschaftler an der ETH Zürich spalten zunächst an einem von der ETH entwickelten Solarreaktor ein Metalloxid, das als Katalysator dient, in Metall- und Sauerstoff-Ionen.
  2. Dann wird Kohlenstoffdioxid und Wasserdampf in den ca. 1500 Grad Celsius heißen Reaktor eingeleitet. Dabei reagieren Kohlendioxid und Wasserdampf mit den Metall- und Sauerstoff-Ionen und es entsteht ein Synthesegas, eine Mischung aus Wasserstoff und Kohlenstoffmonoxid mit jeweils sehr hohem Reinheitsgrad.
  3. Dieses Synthesegas wird dann mit der weltweit etablierten Technik der Fischer-Tropsch-Synthese in z.B. Kerosin umgewandelt. Dieses großtechnische Verfahren ist bereits weltweit zertifiziert für die Anwendung in der Luftfahrt.

Für die Luftfahrt-Industrie, die z.Z. noch Kerosin auf der Basis von Mineralöl einsetzt, bietet sich mit diesem Verfahren ein alternativer grüner Treibstoff an, der die bestehenden Infrastrukturen nutzen und auf unbegrenzte Ressourcen zurückgreifen kann.

Bis ein kommerzielles Verfahren abschließend entwickelt ist, müssen allerdings noch erhebliche Forschungs- und Entwicklungsarbeiten geleistet werden.

Erzeugung von grünem Ammoniak im Haber-Bosch-Verfahren

 

Das Haber-Bosch-Verfahren ist die Synthese von Ammoniak, bei dem aus Luftstickstoff und einem Synthesegas in einer großtechnischen Anlage täglich bis zu 3000 t Ammoniak hergestellt wird.

Es gibt neuerdings auch ein Verfahren, bei dem eine grüne Wasserstoffquelle kombiniert mit Stickstoff synthetisiert und so die Produktion von grünem Ammoniak möglich wird.

Die Bereitstellung von Stickstoff kann durch klassische Verfahren oder durch neue Technologien wie z.B. einen Stickstoffgenerator auf der Basis einer Membrantechnologie bereitgestellt werden.

Ammoniak verbrennt CO2 frei und ist eine weltweit verbreitete Chemikalie. Als Brennstoff kann es eine Kreislaufwirtschaft ermöglichen, in der es einfach gelagert und transportiert werden kann. Außerdem kann Ammoniak in seine Bestandteile Stickstoff und Wasserstoff zurückverwandelt werden.

Ammoniak kann auch als Speichermittel für Wasserstoff dienen, wodurch dieser leichter über große Entfernungen transportiert werden kann.